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Dieser Text wird in der der «Zeitschrift für Transaktionsanalyse» , Jungfermann-Verlag, erscheinen.



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Transaktionsanalyse: Thats live, thats Jazz...

Vom 13.-14. März 2004 war ich zum ersten Mal am Kongress der Deutschschweizer TA-Gesellschaft (DSGTA) dabei. Unter dem Kongress-Thema «TA wirkt» wurde ein vielfältiges Programm mit Lernstätten und Vorträgen angeboten, die eine befruchtende Auseinandersetzung mit dem breiten Wirkungsfeld der Transaktionsanalyse ermöglichte. Und ein «unwirklicher» Tagtraum machte das Ganze zu einem unvergesslichen Ereignis.

Kaffeepause. Ich liess meinen Blick über die illustre Runde schweifen und blieb an einer Gestalt hängen, die etwas abseits und im Halbdunkel das Kongressprogramm studierte.

Mein Atem stockte, mein Herz klopfte. Das kann doch gar nicht sein! Der sieht ja aus wie... Diese frappante Ähnlichkeit, der gewaltige Schädel, die grossen Ohren, die Brille - und die Pfeife in der Hand. Allen Mut zusammen nehmend ging ich näher und fragte unsicher und zögerlich: «Hallo, darf ich Sie etwas fragen? Sie sehen aus wie...?»

Der Kopf des Unbekannten fuhr herum. Verdutzt und etwas mürrisch nahm er mich in seinen Blick, sah mir direkt in die Augen und brummte abwehrend: «Wieso sehen Sie mich? Wer sind Sie?» Verwirrt und etwas verlegen stotterte ich herum.

Seine Hand mit der Pfeife fuhr auf mich zu: «Sagen Sie nichts... Kommen Sie mit!» Er packte mich am Arm und zog mich in eine stille Ecke. Dann sah er mich lange prüfend an, mit einem fragenden und zweifelnden Blick, dabei zog er so heftig an seiner Pfeife, dass sein Gesicht fast hinter den Rauchschwaden zu verschwinden drohte: «Was war ihre Frage?».

«Sie sehen aus wie Eric Berne...». Jetzt war es draussen! Cool und lakonisch kam die Antwort: «So ist es, ich bin Eric Berne.» Und nach einer kurzen Pause, brummte er besänftigend, «Nur ruhig, ich bin hier, weil's mich interessiert, was hier läuft. Ich will sehen, was aus meinen Ideen geworden ist. Dass Sie mich sehen, kann ich mir nicht erklären... Aber gut, reden wir.»


Und dann begann ein Traum-Gespräch, das ich wohl nie vergessen werde.

RL: Was denken Sie, wie sich die TA weiter entwickeln wird?

EB: Total spannend finde ich die Entwicklungen und Resultate der neurobiologischen Forschung. Mich haben damals die Arbeiten von Penfield bei der Erarbeitung der Skript-Idee stark inspiriert. Was ich darüber gelesen sowie gestern und heute erfahren habe, bestärkt mich darin. Ich denke darüber nach, welche Auswirkungen die heutigen Forschungsresultate und Theorien aus der Neuro-Wissenschaften auf die TA-Konzepte haben, bzw. wo und wie diese Konzepte erweitert und angepasst werden könnten...

RL: Haben Sie hier schon Ideen?

EB: So, wie ich es bis jetzt verstanden habe, bietet die neurologische Forschung Indizien dafür, dass diese «saubere» Ortung von Erinnerung existiert, wie wir das im Strukturmodell zweiter Ordnung dargestellt haben. Gedächtnisbruchstücke werden in Mini-Netzwerken, sogenannten Engrammen, abgelegt. Erinnerungsinhalte bezüglich Erlebnissen mit Personen hätten dann - wenn man sie genau orten kann - wirklich Namen und Adresse.

Grundsätzlich soll für alle neuronalen Zellen und Netze gelten: Je mehr sie gebraucht werden, umso lebhafter werden sie. Lebhafter heisst, sie feuern stärker, indem mehr Botenstoffe ausgeschüttet werden. Sie werden empfindlicher, sprechen auf feinere Reize an. Sie können eigenständig wachsen, indem sie sich mit anderen Zellen zusammenschliessen, wenig oder nicht benützte Zellen in ihr Netz integrieren. Und &endash; das Gehirn kann wachsen, indem durch die Ausschüttung von Wachstumsstoffen neue Gehirnzellen entstehen.

RL: Alte und neue Erinnerung könnten sich damit also vermischen?

EB: Um alte Erinnerungen herum gruppieren sich weitere, die dann auch zu diesem Mini-Netzwerk gehören. Und &endash; man könnte wirklich vergessen, Erinnerungen verlieren, weil nicht benutzte Gehirnzellen von anderen Mininetzwerken quasi erobert und umgebaut werden.

Schacter geht in seinem Buch «Wir sind Erinnerung» einer interessanten Frage nach. Vorausschicken muss ich, dass der Autor zwischen zwei Gedächtnisarten unterscheidet: Dem expliziten Gedächtnis, für Ereignisse, an die wir uns erinnern. Und dem impliziten Gedächtnis, das unsere Wahrnehmungen, Gedanken und Handlungen durch nicht bewusste Erinnerungen an frühere Erlebnisse beeinflusst.

Die Frage: Kann jemand eine Information aus einem früheren Erlebnis abrufen, ohne sich bewusst zu sein, dass es sich um eine Erinnerung handelt? Dazu arbeitete er mit Leuten, die sich nicht mehr erinnern konnten, was sie kurz vorher gesagt oder getan hatten. Dazu legte er ihnen Sätze vor wie «Der Heuhaufen war wichtig, weil die Seide riss». Mit dem nachträglich gelieferten Schlüsselwort «Fallschirm» entstand dann erst der Sinn. Interessant war: Das Schlüsselwort wurde später wieder gefunden, rekonstruiert - ohne dass sich die Leute bewusst waren, diese Aufgabe schon einmal gelöst zu haben. Er nannte diesen Effekt «Priming» (to prime; bahnen, eine Spur legen). In diesem Falle vermutet er einen konzeptuellen-begrifflichen Priming-Effekt. Er kommt zum Schluss: Man könne also im guten Glauben sein, Urheber einer neuen Melodie zu sein, ohne zu merken, dass man diese schon früher gehört habe.

Diese Priming-Effekte verifizierte er später mit einem Lernprogramm für Amnesie-Patienten. Mit der Methode «Schwindende Reize» (z.B. Fall......, ....schirm, F...s....m) wurde der Priming-Effekt so oft verstärkt, bis das Verständnis der Satz-bedeutung auch ohne Hinweisreiz dauerhaft da war.

Die impliziten Netzwerke, scheinen also phantastische Fähigkeiten zu besitzen. Vielleicht lernen wir öfters als wir denken, auf diese Art. Intuition, Kreativität könnten auch mit solchen Priming-Effekten, mit der Wahrnehmung zusammenhängen: Aussenreize lassen bestimmte implizite Netzwerke anspringen und lösen entsprechende Empfindungen aus. Diese könnten dann, wenn explizit und bewusst wahrgenommen, zum Gefühl «etwas stimmt hier nicht» oder zu einer Idee, einer Komposition werden...

RL: Ihr Schüler Claude Steiner beschrieb in seinem Buch «Wie man Lebenspläne verändert», wie damals die wöchentlichen Zusammenkünfte bei Ihnen abliefen. Dies sei so etwas wie «gemeinsam Jazz machen» gewesen...

EB: Ja, beim Jazz ist vieles offen. Improvisation, aufeinander hören, miteinander einer Idee, einer Melodie, einem Rhythmus folgen, aus einem Rhythmus einen neuen entwickeln... Was erfolgt dabei bewusst? Was entsteht dabei aus dem Moment heraus?

Das implizite Gedächtnis reagiert auf Aussenreize. Und es besitzt scheinbar eigene Fähigkeiten, seine Netze zu organisieren. Diese Aktivität verändert die «Struktur», den «Innenreiz». Und diese Mischung ist dann das Grundrauschen, die Melodie, die spontane Handlung, vielleicht auch unbewusste «Lernfähigkeit».

Man könnte auch sagen, das implizite Gedächtnis ist das «Hier-und-Jetzt-Netzwerk». Ein Jazzmusiker hat sein Ding so oft geübt und in den Fingern, dass diese Rhythmen, Melodien, Phrasierungen, Breaks in Fleisch und Blut übergangen sind. Die bringt er noch im Schlaf. Ein Kick, eine Emotion - schon sprudelt er los...

RL: Hier sind wir dann bei den Emotionen...

EB: Ja, es scheint, dass Gefühle ein zentrale Rolle bei der Sache spielen: Entweder aktivieren oder - scheinbar fundamental wichtig - hemmen sie. Die Forscher machen dabei aber eine Unterscheidung zwischen Emotion/Empfindung und Gefühl. Empfindungen haben direkt mit dem impliziten Gedächtnis zu tun, insbesondere auch mit körperlichen Reaktionen, mit der Ausschüttung von Botenstoffen und Hormonen. Also zum Beispiel Flucht oder Kampf, Erstarrung oder Bewegung.

Hingegen seien Gefühle produzierte Inhalte unseres expliziten Gedächtnisses und stünden dann als neue Engramme zur Verfügung. Gefühle haben also eine konstruierte Qualität. Zum Beispiel: Das Bild einer in sanftes Licht getauchten Flusslandschaft, wo der Nebel über den Fluss und die angrenzenden Felder streicht und ein Fischer am Wasser steht. Welche Gefühle können dabei entstehen? Trauer, Wehmut, Nachdenklichkeit, freudige, schmerzliche Erinnerungen usw. Eine breite Palette von Empfindungen werden abgerufen und zu einem Gefühl komponiert.

Um im Musikbild zu bleiben: Die Idee für das gemeinsame Werk bekommt eine Richtung, ja man könnte sagen, ein Bewusstsein... Und hier läge die Übergangszone zwischen implizitem und explizitem Gedächtnis. Eine, mehrere Empfindungen werden zu einem Gefühl - oder zu einem «Bedeutungs-Netzwerk».

Zuständig dafür seien Konvergenzzonen in unserem Denkapparat. Diese Zonen sind so etwas wie Kontext- und Bedeutungs-Suchmaschinen. Und sie wären wie alle neuronalen Netze fähig, sich zu entwickeln, sich mit anderen Kontexten zu verbinden - einen «Super-Kontext» zu bilden...

RL: Irgendwie spielen also die Musiker auf der Bühne alle wild durcheinander, beeinflussen sich gegenseitig - und zeitgleich entsteht eine gemeinsame Konstruktion, eine Bedeutung?

EB: Ja. Zum einen bleiben die Jazz-Musiker strikt auf einer gedachten Linie, halten den Rhythmus, die Stimmung, das Bild - und sie loten die verschiedenen Facetten der Bedeutung ihres Werkes aus. Wie beim Gefühl kann also die Bedeutung eine konstruierte Qualität annehmen - übrigens nicht nur bei den Musikern, sondern auch bei den Hörern, die dieses Werk ab CD hören. Live gespielt, ist der Kontext jedoch nochmals anders gefärbt - und damit kann wieder völlig Neues entstehen. Das ist ja gerade das spannende, reizvolle am Jazz!

RL: Jetzt sind wir wieder fast am Anfang unseres Gespräches und der Frage: Was bedeutet dies alles für die Entwicklung der Transaktionsanalyse?

EB: Wer weiss das schon genau. Vielleicht wäre es gut, nochmals bei den Überlegungen anzuknüpfen, die die Basis für die Entwicklung der Transaktionsanalyse waren:

Also beim psychoanalytischen Ansatz oder dem Punkt, dass es Bewusstes und Unbewusstes gibt. Und damit verbunden, der Idee, dass es sinnvoll ist, behindernde unbewusste Inhalte - vielleicht auch nur die Ergebnisse davon - bewusst zu machen und so zu bearbeiten, damit sie die Menschen nicht mehr belasten. Oder - vielleicht wäre das auch eine Idee - die impliziten Netze sogar direkt, im Sinne eines «Neu-Priming-Effektes», aktiv neu zu organisieren...

Heute bieten die Neurowissenschaften eine Fülle von Modellen, wie unser Geist, wie Erinnerung funktionieren könnte. Anknüpfen könnte man an zwei Überlegungen: Beim Modell des impliziten Gedächtnisses. Und dann bei der Frage, wie das explizite Gedächtnis, die Konvergenzzonen mit den impliziten Inhalten zusammenarbeiten.

TA ist aus der systematische Beobachtung von Transaktions-phänomenen entstanden, insbesondere auch in den Spielen. Es könnte sinnvoll sein, die Sache nochmals mit einer erweiterten Brille anzuschauen. Welche neuen Methoden wären daraus zu entwickeln? Wie wären bisher erfolgreiche Methoden genau einzusetzen? Und weiter: Die Modelle Ich-Zustände, Skript, Skriptapparat... Wo und wie funktioniert was und warum? Welche neuen Metaphern wären hilfreich, die Sache zu erklären?
Diese komplexe Aufgabe kann von einzelnen Menschen schwerlich bewältigt werden. Wie wäre es, wenn sich die «TA-Gemeinde», wie andere Wissensgebiete, auf einen gemeinsamen Forschungsplan einigt, um die Grundlagen und Modelle zu überdenken und weiter zu entwickeln - sich die TA gezielt mit dem wissenschaftlichen Umfeld vernetzt. Damit würde ein übergreifendes Denk-Netzwerk, eine neue Konvergenzzone entstehen. Das wäre eine faszinierende Entwicklung. Am liebsten würde ich mich sofort dahinter klemmen...

RL: Wird dann die TA nicht zu einer abgehobenen Wissenschaft?

EB: Zu wissen, was man tut, kann nicht schaden. Die humanistischen Wurzeln bleiben trotzdem. Wir knüpfen an den Alltagserfahrungen der Menschen an, stellen uns den realen Herausforderungen in einer mitfühlenden und staunenden Haltung; suchen nach praktischen, funktionierenden Lösungen - und betreiben gleichzeitig auf «marsische» Weise Aktionsforschung.

Für mich gilt aber immer noch:
Zuerst heilen, dann analysieren! Heute würde ich vielleicht sagen: Nach der Heilung denken wir darüber nach, wie es möglicherweise funktioniert hat... In meiner Einleitung zum Buch «Was sagen Sie, nachdem Sie guten Tage gesagt haben» habe ich sinngemäss geschrieben:
Helfen wir den Leuten, den für sie hinderlichen Ballast abzuwerfen, damit sie
locker «Guten Tag» sagen können und die Begegnung mit dem Gegenüber als nie mehr wiederkehrendes, einmaliges Ereignis empfinden. Dies müsste aufgrund meiner vorherigen Überlegungen implizit, also fast automatisch geschehen. Aktiv wäre dann das «Hier-und-jetzt-Netzwerk». Hier gibt es keine Hintergedanken, macht man sich keine Sorgen, sondern reagiert geradeheraus und schnell darauf, was ist...
Solches wäre zu erlernen mit üben, üben und nochmals üben. Wie? Indem man den ins «Bedeutungs-Netzwerk» geholten impliziten Inhalten, die allenfalls neu bewertet werden müssen, sinnvolle und angemessene Bedeutungen gibt. Wenn diese in Fleisch und Blut übergegangen sind, kann das Ganze wieder vertrauensvoll ins «Hier-und-Jetzt-Netzwerk» zurückgegeben werden.
Von Zeit zu Zeit müsste man wohl über die Bücher gehen. Der Begleiter oder Therapeut kann hier helfen, indem er sich, explizit-implizit, in meinen Worten «marsisch» verhält. Dies bedeutet, eine neugierige, offene, forschende Haltung einzunehmen - sich wundern zu können...

Den Gruss
«Guten Tag» zu erwidern: Im Prinzip das Gleiche wie oben; jedoch mit dem Gewicht darauf, wirklich anzunehmen, dass auch die andere Person sich im «Hier-und-jetzt-Netzwerk» befindet, also einfach «Guten Tag» gesagt hat...

Nachdem man «Guten Tag» gesagt hat, kann man plaudern, also Zeitvertreib spielen («Hier-und-Jetzt-Netzwerk») oder aber warten! Darauf warten, ob dem «Bedeutungs-Netzwerk» etwas einfällt.
Fällt einem wirklich etwas «Sinnvolles» ein, was sich zu sagen lohnt - die Konvergenzzonen würden zum Beispiel nach Gefühlen und Bewertungen in Bezug auf Macht und Ohnmacht, Freiheit und Anpassung, siegen und verlieren, Leben und Tod usw. suchen - dann könnte es sein, dass ein bekanntes Stück auf eine neue Art interpretiert wird oder eine neue Komposition entsteht...
Ein Abenteuer, das nicht ohne Risiken ist. Man entdeckt als Musiker seine technischen Grenzen und Vorstellungslimiten, kann anderen Ideen nur schwer folgen, oder umgekehrt wollen andere Musiker mit meiner Improvisationslinie nicht mitgehen.
Dann muss man halt wieder allein oder gemeinsam üben: Bewusste Sensibilität, Intuition, Einfühlungsvermögen. Lernen, auf kleinste Nuancen und Bewegungen zu achten. Und dann fein, überraschend, witzig oder wie auch immer darauf reagieren...
Nach dem Üben kann der Jazz-Musiker einfach wieder spielen; hat die Sache im Gefühl. Auf zu neuen Erfahrungen! Thats live, thats Jazz!


RL: Faszinierend! Noch eine letzte Frage...

EB: Stop! Nun ist's genug. Ich hab noch zu tun...


Rasch erhob er sich, gab mir zum Abschied die Hand und entschwand in der Runde der Kongressteilnehmer, die sich zur Kaffeepause versammelt hatten. So long! Dann erwachte ich und rieb mir die Augen...

PS: Nochmals, dieses Erlebnis und das Gespräch hat nicht wirklich stattgefunden. Es ist meinen Gedanken und Überlegungen entsprungen &endash; jedoch, auch hier kann ich mir, nach allem was besprochen wurde, nicht ganz sicher sein. Welche Strukturen und Netzwerke daran beteiligt waren; darüber kann ich nur Vermutungen anstellen. Aber eben: Thats Jazz!

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Anmerkungen
Die Metaphern «Hier-und-Jetzt-Netzwerk» als Bezeichnung für die impliziten Netzwerke sowie «Bedeutungsnetzwerk» für die expliziten Netzwerke sind bei der Erarbeitung des Textes entstanden &endash; hier habe ich mich von Schacters Thesen inspirieren lassen.

Die Interview-Form bedingt eine unvollständige, verkürzte Darstellung der Themen. Die «Eric Berne» in den Mund gelegten Worte entsprechen meinem Verständnis und Kenntnisstand. Dieser Hinweis ist insofern bedeutsam, als ich nicht die ganze Breite der heutigen Erkenntnisse und Theorien überblicken kann; an der Diskussion als Autodidakt teilnehme - in der Art, wie dies Verena Steiner im Buch «Exploratives Lernen», Pendo, dargestellt hat.

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Schacter ist bezüglich der Bewusstheit und Unverfälschtheit der Erinnerungen eher skeptisch. In seiner Einleitung schreibt er «Was wir heute über die Einspeicherung und den Abruf von Gedächtnisinhalten wissen, reicht aus, um einen weiteren alten Mythos zu zerstören; nämlich den, dass Erinnerungen passive oder wortwörtliche Aufzeichnungen der Wirklichkeit seien...» Und weiter unten merkt er an: «Zu diesen Eigenschaften (...des Gedächtnissystemes) gehört ganz wesentlich, dass wir die Erinnerungen an Ereignisse, die gerade stattfinden, nicht von solchen trennen können, die früher passiert sind...» (Seite 22). Vielleicht kommt er aufgrund dieser Einschätzungen auf die drastisch wirkende Unterscheidung von expliziten und impliziten Gedächtnis.

Diese wäre sicher zu diskutieren. Helmut Walter, ein deutscher Philosoph, definiert die verschiedenen Gedächtnissysteme anders: Vom Instinktgedächtnis (z.B. Reflex) über Emotio-Gedächtnis (Empfindungen) und weiter zum Verstandes-Gedächtnis («Was-soll-ich-nun-Tun-Netzwerk). Dies drei vernetzten Gedächtnissysteme würde ich dem «Hier-und-Jetzt-Netzwerk» zurechnen. Als reflexivstes Gedächtnissystem nennt Walter schlussendlich das Vernunft-Gedächtnis («Bedeutungs-Netzwerk»). Die Übergänge könnten nicht harte Grenzen, sondern Übergangszonen sein. (Die in Klammer gesetzten Begriffe sind von mir). Auch diese Überlegungen sollte man weiter verfolgen...

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Musik, die der Tagträumer beim «Gespräch» im Hinterkopf gehabt haben könnte:

Engramme - oder welche Songs könnten in unseren impliziten Netzen gespielt werden
The John Cage Tribute: «A Change Operation», Koch, 1993

Zeitvertreib: Intelligentes, unterhaltsames Plätschern
Dave Brubeck: Take five, Kathy's Walz, auf «Greatest Hits», Comanion

Zuerst tönt es wie Plätschern, dann wie ein Gespräch
Chick Korea, Herbie Hancock, Keith Jarrett, McCoy Tyner:
Zum Beispiel der Titel «Doom», von Ron Carter, Bassist; auf Atlantic

Witzig und kontaktvoll miteinander reden
Lester Bowie's Brass Band Fantasy: I Only Eyes For You; ECM

Spannende Gespräche: Starkes, vibrierendes Fundament
(Basslinie), witzigen Wendungen, Freiheit und Disziplin

Charles Mingus: Pithecantropus Erectus; Accord

Wie aus wenig viel entstehen kann
Miles Davis: Kind of Blue; Columbia

Spannende Selbstgespräche - ein Blick auf eine nach aussen gestülpten Seele &endash; und die Suche nach Bedeutung
Keith Jarrett: The Köln Konzert, Dark Intervalls; ECM

Die fliessende Grenze zwischen Zeitvertreib und Gespräch
John Scofield, Hal Garper, Wayne Dockery, Adam Nussbaum;
Enja Records.

In der Zone zwischen Bewusst und Unbewusst - oder wenn sich Seelen treffen, die ihre «Hier-und-Jetzt-Netzwerke» optimal nützen
Thelonius Monk/John Coltrane: Jazz-Classics, Riverside

Was eigentlich über das Explite, Ausdrückbare hinausgeht &endash;
oder die Tiefe, der Schauer, die Kraft, das Geheimnis des Lebens
John Surmann Quartet: Stranger Than Fiction; EMC.
Jarrett, Redman, Haden, Motian: The Survivers' Suite; ECM

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Quellen: Erlebnisse und Literatur

Harry Tryangiel, Einführungsreferat «TA wirkt... und alles wird gut»,
DSGTA-Kongress 2004.

Birger Gooss, Freiburg i. B.,
Lernstatt «Die wissenschaftlichen Grundlagen der TA»,
DSGTA-Kongress 2004.

Claude Steiner «Wie man Lebenspläne verändert», dtv
In «Das Skript von Eric Berne» erzählt Steiner, wie diese wöchentlichen Zusammenkünfte mit Eric Berne abliefen.

Daniel L. Schacter
«Wir sind Erinnerung, Gedächtnis und Persönlichkeit», rororo, 2001

Oliver Sacks schreibt: «Als genauem und zugleich poetischem Betrachter ist Schacter eine originelle Synthese gelungen, die die aktuellen Forschungsergebnisse zusammengefasst und ein ergreifendes Bild von der "fragilen Macht" des Gedächtnisses zeichnet.» (Umschlagstext).

Wolfgang Pohl
Buchbesprechung zu Damasio «Ich fühle, also bin ich»
Über Google-Suche: (http://members.aol.com/GKP2/pohl3.htm)

Helmut Walter
Buchbesprechung zu Damasio «Ich fühle, also bin ich»
Über Google-Suche: (http://home.t-online.de/home/HelmutWalther/dam_rez.htm)

Philosophie-Seite von Helmut Walter, Nürnberg:
(http://home.t-online.de/home/HelmutWalther/)

Hans Förstl
«Biologische Korrelate psychotherapeutischer Interventionen»
In Psychotherapie, 2002, Band 7, Heft 2

Paul Watzlawick, John H. Weakland, Richard Fisch
«Lösungen. Zur Theorie und Praxis des menschlichen Wandels»
Hans Huber

Caroline Elliacheff
«Das Kind, das eine Katze sein wollte. Psychoanalytische Arbeit mit Säuglingen und Kleinkindern», dtv

Douglas R. Hofstadter
«Metamagicum. Fragen nach der Essenz von Geist und Struktur»,
Text zur Kreativität, Seite 259-271; Klett-Cotta

Werner Stangl, Pädagogische Universität Linz
«Der Einfluss des Musizierens auf das Gehirn»

Über Google-Suche:
(http://www.stangl-taller.at/ARBEITSBLAETTER/GEDAECHTNIS/ModelleInhalt.shtml)

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